50 Jahre DFV

Einiges zur Geschichte der Vereinigung

Es war am 2. Februar 1950, weniger als fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, daß sich einige in die Zukunft blickende Männer und Frauen in Konstanz im damaligen „Europahaus“ trafen und beschlossen, eine deutsch-französische Vereinigung zu gründen. Eingeladen hatten der damalige Oberbürgermeister der Stadt, Franz Knapp, und der damalige französische Militärgouverneur in Konstanz André Noël. Erschienen waren „namhafte Konstanzer Persönlichkeiten“, wie der Südkurier berichtete. Zu diesen gehörte auch der damalige Präsident der Industrie- und Handelskammer, Dr. Hans Constantin Paulssen, der als Leiter des Gründungskommitees darauf hinwies, daß wir, die Deutschen, auf das Signal der Verständigung von der anderen Seite hätten warten müssen. Nun aber, da es gegeben sei, liege es an uns, all die begangenen Fehler zu revidieren. André Noël seinerseits beschwor den Glauben an eine friedliche Zukunft und erklärte, es sei wichtig „den Grundstein für unsere Verständigung zu legen“. 

Am 15. Mai 1950 wurde die „Deutsch-Französische Vereinigung Konstanz – Cercle Franco-Allemand“ in das Vereinsregister eingetragen. Zu gleichberechtigten Präsidenten waren Dr. Paulssen und Gouverneur Noël gewählt worden. Stellvertretende Präsidenten wurden Dr. Bruno Helmle (später langjähriger Oberbürgermeister unserer Stadt) und der Franzose Marc Robert. Auch im Amt des Schriftführers gab es eine deutsch/französische Doppelbesetzung mit den Herren Dr. Rudolf Keller-Herzog und unserem heutigen Ehrenmitglied Georges Ferber, der damals „Kulturoffizier“ in Konstanz war. 

Als Satzungszweck war angegeben „die Förderung internationaler Gesinnung der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens, vor allem auch durch eine engere persönliche Berührung der Franzosen und Deutschen sowie der Angehörigen anderer Nationen, die in Konstanz und Umgebung leben oder sich dort vorübergehend aufhalten“. Bei der Neufassung der Satzung im Jahre 1973 wurde der Text im Wesentlichen beibehalten, jedoch etwas ergänzt (z.B. durch Hinweis auf parteipolitische Neutralität) und umformuliert. Das Grundanliegen blieb bis heute das Gleiche. 

Was hatte zur Gründung unserer Vereinigung geführt? Man muß versuchen, sich in die damalige Zeit zurück zu versetzen. Deutschland (bzw. seine Führung) hatte einen fürchterlichen Krieg angezettelt, der Millionen von Opfern gekostet hatte und nach dessen Ende ein großes Trümmerfeld zurückgeblieben war. Konstanz war dabei noch sehr glimpflich davon gekommen, was die Baulichkeiten der Stadt betraf. Im übrigen aber herrschten hier, wie überall in Deutschland, Not und Entbehrung. Und in Frankreich, über das die Kriegswalze hinweggerollt war, sah es nicht besser aus. Wer wollte da nicht verstehen, daß das erste Nachkriegsregiment der Besatzung ein hartes war? Und doch gab es schon damals weitblickende Männer, die erkannten, daß ein dauerhafter Friede zwischen den Völkern nur zu gewinnen sein könne, wenn man zuvörderst den geistigen Schutt wegräumte, der sich angehäuft hatte. Gegenseitiges Verstehen mußte erreicht werden, die kulturellen Werte der Völker mußten wieder bewußt gemacht werden, und zwar auf allen Seiten. In Konstanz hieß das vor allem zwischen den Deutschen und den Franzosen. Dabei darf und soll aber der günstige Einfluß nicht vergessen werden, der der nachbarlichen Schweiz zuzumessen war. 

Zu den Vorwärtsblickenden gehörte von allem Anfang an Georges Ferber, der nur wenige Tage nach der (kampflosen) Besetzung der Stadt durch die Fronttruppen als Mitglied der französischen Zivilverwaltung nach Konstanz gekommen war als einer von den Freiwilligen, die die französische Verwaltung zum Aufbau von neuen Strukturen entsandt hatte. Von Hause aus Altphilologe und Germanist, lagen ihm die kulturellen Fragen am Herzen und so erfüllte er seine Aufgaben im Rahmen des Möglichen stets nach humanistischen Prinzipien. Er war z.B.einer der wichtigsten Promotoren der Deutsch-Französischen Kulturwochen, die im Herbst 1946 in Konstanz abgehalten wurden und die internationale Ausstrahlung hatten. Und er war es auch, der erste Anregungen für die Schaffung eines deutsch-französischen Begegnungszentrums gab, wo etwa Vorträge gehalten werden konnten und wo Zeit für internationale Diskussionen war. Er nannte dieses Zentrum „Club 49“ (obgleich schon 1948 gegründet, aber es sollten Anklänge an das Revolutionsjahr 1848 vermieden werden). Und als das besatzungspolitische Umfeld es erlaubte – das war durch eine Regierungsänderung in Paris und durch die darauffolgende Entsendung von André Noël als Bezirksgouverneur nach Konstanz gegeben – regte Georges Ferber die Gründung eines richtigen deutsch-französischen Vereins als Begegnungsstätte an. 

Das weitere Schicksal kennen wir. Die DFV besteht noch heute und konnte in diesem Jahr 2000 ihr 50-jähriges Bestehen feiern. Heute freilich stehen - zum Glück – ganz andere Fragen im Vordergrund als zur Zeit der Gründung der Vereinigung denn die deutsch-französische Verständigung, die inzwischen zu einer soliden deutsch-französischen Freundschaft wurde, kann heute als Basis dienen, um aktiv in Richtung des entstehenden Europa zu wirken. Gewiß, die deutsch-französischen Anliegen werden für die DFV immer im Vordergrund stehen – aber Europa ist größer, und dahin gehören unsere beiden Völker – gemeinsam! 

Brigitte Weyl, 24.8.2000 

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